Zwischen Fahnen und Schildern  5 Minuten Lesezeit

Am Montag, dem 31. Oktober, sind wieder einmal rund 750 Menschen durch die Kulturstadt Weimar gezogen. Für “Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung” hieß es dabei in der Anmeldung. Bis einschließlich dem 30. Januar 2023 liegt der Versammlungsbehörde Weimar für jeden Montag unter diesem Motto eine Anmeldung vor. Jede zweite Woche im gleichen Zeitraum sind Gegendemonstrationen in der Weimarer Innenstadt angemeldet.

Bild: Provinz Report

Angeführt wurde der Demonstrationszug wie immer von einem Lautsprecherwagen mit Fahnen der rechtsradikalen Gruppe „Freies Thüringen“, der „Freien Sachsen“, der „Freien Jugend“ und der normalen Thüringenfahne. Direkt dahinter folgten zwei Kinder mit jeweils einer Fahne von „Freies Thüringen“ und der „Freien Jugend“, welche nach einigen Metern bereits keine Lust mehr hatten, aber von erwachsenen Personen dazu gedrängt wurden, die Fahnen weiter zu schwenken. Die Teilnehmer*innenzahl bewegte sich im Vergleich zur Demonstration am 17. Oktober nach unten.

Bild: Provinz Report

Einschränkungen der Pressefreiheit

Die Teilnehmer*innen werden jedoch immer aggressiver. Umstehende Menschen und Journalist*innen wurden bepöbelt, bespuckt und bedroht. Die Polizei bleibt dabei tatenlos. Es ist den Teilnehmer*innen so ungestört möglich, sich von der Demonstration zu lösen und zielstrebig mit blendenden Taschenlampen auf Presse und Passant*innen zuzugehen, um diese damit einzuschüchtern oder sogar zu vertreiben. An diesem Montag äußerten einige Polizist*innen, dass die Anwesenheit von Presse eine Provokation darstelle und diese Abstand zur Demonstration halten müsse. Neben den untragbaren Äußerungen wurden Journalist*innen durch Polizist*innen geschubst. Ein Polizist griff sogar in eine Kamera.
Diese Einschränkungen der Pressefreiheit auch durch die Polizei sind leider keine Seltenheit.

Während Journalist*innen in polizeilichen Vorkontrollen durchsucht wurden, war es teilnehmenden Spaziergänger*innen möglich, mit Eisenhelmen und Fahrradhelmen die Kundgebungsfläche zu betreten und an der Demonstration teilzunehmen. Fahrrad- und vor allem Eisenhelme gelten in Deutschland als Schutzbewaffnung, welche nach dem Schutzwaffenverbot auf Demonstrationen von 1985 verboten sind. Warum die Polizei hier nicht eingreift und auf Nachfrage mit “hier ist das nicht verboten” antwortet ist nicht nachzuvollziehen.
Erst 2019 wurde ein Aktivist wegen des Tragens einer Klarsichtfolie in seinem Gesicht zu einer Geldstrafe verurteilt, da dies ein Verstoß gegen das Schutzwaffenverbot nach §§ 17a I,27 II Nr. 1 VersG darstellen würde.
An der Verfolgung eines starken Verstoßes gegen dieses Schutzwaffenverbot durch das Tragen eines Eisenhelms hatte die Polizei Thüringen an diesem Tag scheinbar kein Interesse.
Linke Aktivist*innen und Organisationen kritisieren aus diesem Grund eine „Blindheit“, die die Polizei bei rechten Demonstrationen habe, wenn es um die Nachverfolgung von Straftaten gehe.

Bild: Provinz Report

Zwischen Fahnen, Schildern, der üblichen Choreographie und “Wir sind das Volk“-Rufen wird die Stimmung immer angespannter, was viele Passant*innen einschüchtert und Menschen zum Gegenprotest bewegt. In der Kulturstadt Weimar wird es vermutlich auch in den nächsten Wochen nicht ruhig bleiben.

Bild: Provinz Report
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