Räumungsbedroht – Waldbesetzung kämpft gegen Klimazerstörung7 Minuten Lesezeit

Etwa 15 Baumhäuser inmitten der Radeburg-Laußnitzer Heide: Klimaaktivist*innen haben in der Nähe von Dresden einen Freiraum und Ort für Protest gegen Klimazerstörung geschaffen. Seit September 2021 halten die Aktivist*innen den Wald besetzt und haben seitdem einiges an Infrastruktur geschaffen.

Waldrodung für den Kiesabbau

Wegen laufender und geplanter Sand- und Kiesabbaufelder ist geplant, insgesamt 900 Hektar der Radeburg-Laußnitzer Heide zu roden. Der Wald dient als Wassereinzugsgebiet für unter Naturschutz stehende Moore. Diese sehen die Aktivist*innen durch den Kiesabbau in Gefahr. Dieser werde die Grundwasserneubildung drastisch reduzieren, was zu einer Austrocknung der Moore führen wird.
Auch der Bauschutt, mit dem die ehemaligen Kiesgruben gefüllt werden, führe zu einer langfristigen Zerstörung, da so zusätzliche Nähstoffe und Salze ins Moor gelangen.

Bild: LZO


In Zeiten der Klimakrise besitzt das Sumpfland eine wichtige Rolle als natürlicher Speicher für Kohlenstoffdioxid. Durch die Zerstörung der Moore werden nicht selten Ökosysteme zerstört und das gespeicherte CO2 wird freigesetzt.

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Zusätzlich dazu ist der Bausektor ein sehr emissionsstarker Sektor, der laut einer UN-Studie von 2020 inzwischen für 10 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Die Besetzer*innen finden, das Thema Bauen werde viel zu selten beim Klimaschutz bedacht. Es brauche eine Bauwende, die die Verwendung von nachhaltigen Rohstoffen beinhalte.
„Für die Projekte, die wir uns als Gesellschaft leisten wollen, sollte die Wiederverwendung von Materialen schon beim Bau mitbedacht werden“, schreiben die Aktivist*innen auf ihrer Website.
Es gebe viele alternative Bauweisen, beispielsweise mit nachwachsenden Baustoffen, die erprobt und weiterentwickelt werden müssten.

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Gegen das kapitalistische Wachstums-Mantra

„Als Besetzung wollen wir aber nicht isoliert Umwelt- und Klimaschutz betreiben, sondern auf die Gründe aufmerksam machen, warum unsere Gesellschaft Natur zerstört und so viel Ungerechtigkeit produziert. Das Wirtschaftssystem unserer Gesellschaft baut auf Wachstum als Lösung aller Probleme auf. Aber das kapitalistische System führt zu einem zerstörerischen Ressourcenverbrauch und befeuert die Klimakrise.“

Die Besetzer*innen des „Heibo“ auf ihrer Website

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Das „politische Mantra des Wachstums“ müsse durchbrochen werden. Stattdessen brauche es neue Wege für ein gerechtes Wirtschaften. „Was brauchen wir eigentlich an materiellem Wohlstand, um ein glückliches Leben führen zu können? Wie kann dieser Wohlstand global gerecht verteilt werden? Wie schaffen wir es die Ressourcengrenzen unseres Planeten dabei nicht zu überschreiten?“ heißt es von den Aktivist*innen weiter.

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Die Klimaaktivist*innen wollen also nicht nur die Zerstörung der Moore im Wald verhindern, sondern einen gesamtgesellschaftlichen Wandel herbeiführen, um die Klimazerstörung auf der gesamten Welt zu stoppen.

Gelebte Utopie

Im besetzten Wald, von den Aktivist*innen als „Heibo“ bezeichnet, wird der Traum einer freien, anarchistischen Gesellschaft gelebt. Die Besetzung versteht sich nicht nur als Protest, sondern auch als gesellschaftlicher Freiraum, fern von kapitalistischer Konkurrenz und Diskriminierung.
Mit der Besetzung haben die Aktivist*innen einen Raum geschaffen, in dem frei von gesellschaftlich aufgezwungenen Verhaltensmustern und Zwängen gelebt werden kann. Utopie und Realität scheinen sich an solchen Orten näher zu sein, als so manch eine*r denkt.

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Räumung ab dem 23. Januar sehr wahrscheinlich

Nachdem ein*e Teilnehmer*in der Besetzung gegen eine Allgemeinverfügung des Landkreis Bautzen vom 18. Mai 2022 Widerspruch eingelegt hatte, führte die Person zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden und dem Oberverwaltungsgericht Sachsen. Die Gerichte stellten sich in fast allen Punkten auf die Seite des Landkreises, weshalb vom Landratsamt die Aufforderung kam, bis zum 23. Januar alle Gebäude und Feuerstellen abzubauen.
Sollten die Aktivist*innen dies nicht selbstständig tun, wird es zu einer Räumung der Besetzung kommen.
Die Besetzer*innen haben angekündigt, gegen die Auflösung der Besetzung Widerstand zu leisten und rufen dazu auf, aktiv zu werden.
Sie wollen den geschaffenen Freiraum und den Protest gegen den Kiesabbau nicht widerstandslos aufgeben.

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