Leipzig, Hamburg, Karlsruhe – Hanau ist überall9 Minuten Lesezeit

Drei Jahre ist der Anschlag in Hanau mittlerweile her. Am 19. Februar vor 3 Jahren ermordete ein Rassist 9 Menschen, seine Mutter und sich selbst. Bis heute sind aus Sicht der Angehörigen der Ermordeten zahlreiche Fragen ungeklärt. Sie setzen sich für eine lückenlose Aufklärung und Konsequenzen ein.

Bild: Rio Turner


Im Gedenken an Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Mercedes Kierpacz, Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović und Vili Viorel Păun fanden in verschiedenen Städten Gedenkaktionen und Demonstrationen statt. Neben den neun Menschen ermordete der Rassist später seine eigene Mutter und sich selbst.
Die „Initiative 19. Februar“ hatte nach Hanau zu einer Gedenkdemonstration aufgerufen, an der sich bis zu 4000 Menschen beteiligten. Angehörige und Überlebende der Attentate in München und Halle beteiligten sich am Gedenken und betonten die Bedeutung des gemeinsamen Kampfs gegen Rassismus und Antisemitismus.
„Der Kampf um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen geht weiter“, schreibt die „Initiative 19. Februar“ auf ihrer Website. In mehr als 100 Städten hätten Aktionen stattgefunden.

Kundgebung in Karlsruhe

Bis zu 100 Personen versammelten sich am 18. Februar gegen 15 Uhr in der Innenstadt von Karlsruhe, um der Opfer des rassistischen Terroranschlags in Hanau zu gedenken. Die Kundgebung fand beabsichtigt einen Tag vor dem Anschlag statt, um möglichst viele Menschen auf das Thema aufmerksam machen zu können. Samstags sind in der Innenstadt mehr Menschen unterwegs.
In verschiedenen Redebeiträgen wurden unter anderem systematischer Rassismus und die Rolle der Polizei beim Anschlag in Hanau thematisiert. Sowohl die DiDF Jugend, der Bundesverband der Migrant*innen in Deutschland und das OAT Karlsruhe hielten Reden.
Die Teilnehmer*innen hielten eine Schweigeminute ab und legten Blumen nieder.

Gedenken in Hamburg

Ebenfalls einen Tag vor dem eigentlichen Jahrestag versammelten sich auch in Hamburg zahlreiche Menschen. An einer Vorabenddemonstration nahmen etwa 450 Personen teil, die durch den Stadtteil Barmbek zogen.
Im Stadtteil tauchen öfter rechte Schmierereien auf. Außerdem ist er für seine teilweise rechten Bewohner*innen bekannt. Entlang der Demonstrationsroute durch den Stadtteil wurden Banner von Aktivist*innen aufgehängt.
Bei einer Zwischenkundgebung wurden Kerzen angezündet und Blumen niedergelegt, um der Opfer zu gedenken.

Auffällig war eine niedrige Polizeipräsenz, lediglich 3 Einsatzwagen begleiteten die Demonstration. Diese deeskalierende Wirkung wurde am nächsten Tag nicht fortgesetzt.
Bei der Gedenkdemonstration am 19. Februar, an der 2.000 Menschen teilnahmen, fiel direkt eine ganze Hundertschaft auf, die sich behelmte und die friedliche Demonstration filmte. Als Grund sah die Polizei im Verstoß gegen das Vermummungsverbot durch einige Teilnehmer*innen.

Bild: Rio Turner

Die Redebeiträge verschiedenster Organisationen forderten Gerechtigkeit und Aufklärung. Diese Botschaft wurde durch die Straßen Wilhelmsburgs getragen. Entlang der Route wurden die Gesichter der Opfer an eine Hauswand geklebt, wo ebenfalls Blumen niedergelegt wurden.
Aufgrund des Vorwurfs der Vermummung nahm die Polizei am Ende der Demonstration mehrere Personen fest. Durch grundloses Schubsen entstand so gegen Ende eine eskalative Stimmung.

„Trauer wird zu Wut“

Unter dem Mott „Trauer wird zu Wut“ versammelten sich am dritten Jahrestag des Anschlags etwa 2.000 Menschen in Leipzig. „Hanau war kein Einzelfall, Widerstand, überall!“ wurde von den Teilnehmer*innen gerufen. Auch über den Anschlag in Hanau hinaus kritisierten die Demonstrant*innen rassistische Strukturen in der Gesellschaft. Es brauche ein entschlossenes Vorgehen gegen rechte Tendenzen und rechtes Gedankengut.
Anschließend an eine Kundgebung am Rabet zog die Demonstration lautstark durch die Eisenbahnstraße.

Bild: Ferdinand Uhl

Auf Unverständnis stieß bei Einigen der Spruch „Von Hanau bis nach Gaza – Yallah Intifada“, der von einigen Teilnehmer*innen gerufen wurde.
Angehörige hatten sich mehrfach deutlich gegen eine Instrumentalisierung des Gedenkens für die eigenen politischen Ziele positioniert.
Warum einige Demonstrant*innen in Leipzig nicht dem Wunsch der Betroffenen folgten, bleibt unklar.

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