„Gegen den antisemitischen Normalzustand“7 Minuten Lesezeit

Am 19. November fand in Leipzig eine linke Demonstration gegen Antisemitismus unter dem Motto „Jetzt erst recht! – gegen den antisemitischen Normalzustand“ statt.
Das Bündnis „Reclaim Antifa“ hatte zu diesem Protest aufgerufen.

Bild: Dani Luiz


Am 7. Oktober ermordeten Terroristen der Hamas insgesamt 1.400 Israelis und entführten 242 Menschen, die selbst heute fast alle noch als Geiseln gefangen gehalten werden.
Außerdem wurden tausende Raketen auf Israel abgefeuert.
Infolgedessen begann Israel einen Gegenangriff mit Luftschlägen und einer Bodenoffensive, welche aktuell im Gazastreifen stattfindet.
Dabei kommt es durchweg auch zu zahlreichen zivilen Opfern unter der palästinensischen Bevölkerung. Israel rechtfertigt dies mit dem Vorwurf, die Hamas würden gezielt Zivilist*innen und zivile Infrastruktur als Schutzschilde verwenden.

Das erste Mal nach dem Massaker der Hamas versammelten sich in Leipzig linke Gruppen zu einer Demonstration gegen Antisemitismus mit Bezug auf den Nahost-Konflikt.

Während der Nahost-Konflikt auf einer neuen Eskalationsstufe angekommen ist und die Zivilbevölkerung in Israel und Palästina mit ständiger Angst zu tun hat, steigen weltweit antisemitische Vorfälle. In Deutschland wurden beispielsweise Häuser, in denen vermeintlich Jüdinnen*Juden wohnen, markiert, es wurden körperliche Angriffe verübt sowie mehrere Synagogen und eine Shoah-Gedenkstätte angegriffen.

Das Bündnis „Reclaim Antifa“ hatte aus diesem Grund dazu aufgerufen, sich der antisemitischen Gewalt „offensiv“ entgegenzustellen.
Nicht nur „Antisemit*innen unterschiedlichster politischer Hintergründe“, sondern auch „reaktionäre linke Gruppen“ würden das Massaker der Hamas als Befreiungskampf und Sieg des Widerstands feiern, hieß es im Aufruf zur Demonstration.
In sozialen Medien und auf der Straße werde der Tod hunderter Israelis glorifiziert und die „Selbstverteidigung Israels als Genozid“ verurteilt. „Für diese Doppelmoral gibt es kein anderes Wort als Antisemitismus“, schreiben die Organisator*innen im Aufruf weiter.

Das Bündnis kritisierte in den Redebeiträgen nicht nur den Antisemitismus in der Gesellschaft, sondern auch die Instrumentalisierung für die rassistische Agenda der Parteien von SPD bis AfD.

„Die sogenannte bürgerliche Mitte, die das Asylrecht erneut beschneiden möchte, spricht vom importierten Antisemitismus nur, um vom eigenen abzulenken. Antisemitismus wird jedoch nicht bekämpft, indem er von SPD bis AfD für die eigene rassistische Agenda genutzt wird.“

Die Demonstrant*innen richteten sich auch immer wieder deutlich gegen den deutschen Staat. Dies wurde zudem mit Sprüchen wie „Nie wieder Deutschland“ und in verschiedenen Redebeiträgen deutlich gemacht.
Ein Redebeitrag kritisierte beispielsweise, dass Deutschland seit Jahrzehnten Milliardengeschäfte durch Handelsbeziehungen mit dem Iran mache. Die Islamische Republik sei seit Gründung für die Vernichtung Israels und finanziere den jüngsten palästinensischen Terror. „Die Sicherheit Israels ist eben nur so lange deutsche Staatsräson, wie sie den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands nicht entgegensteht“, was Grund genug sei, „dem deutschen Konsens“ in den Rücken zu fallen.

Bild: Dani Luiz

Mit etwa 600 Teilnehmer*innen zog die Demonstration aus Connewitz durch die Südvorstadt in die Innenstadt und endete mit einer Abschlusskundgebung am Wilhelm-Leuschner-Platz. Am Rande der Demonstration gab es mehrfach Unmutsbekundungen und Anfeindungen gegen die Israelsolidarität und die pro- zionistische Haltung, welche das Bündnis „Reclaim Antifa“ auf die Straße brachte.
In sozialen Medien schlug der Protest große Wellen, da die linke Szene über die Positionierung im Nahost-Konflikt massiv gespalten ist. Ein Tag zuvor hatten etwa 800 Menschen an einer pro-palästinensischen Demonstration teilgenommen, zu der die Gruppe „Handala Leipzig“ aufgerufen hatte. Der Gruppe wurde in der Vergangenheit immer wieder Antisemitismus und die Verharmlosung des Terrors der Hamas als „Befreiungskampf“ vorgeworfen.

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