10 Jahre NSU-Selbstenttarnung: Demonstration in Zwickau4 Minuten Lesezeit

Am 06.11.2021 fand in Zwickau anlässlich des 10. Jahrestags der Selbstenttarnung des “Nationalsozialistischen Untergrunds” (NSU) eine Demonstration statt. Aus zahlreichen Städten waren Menschen angereist.  

Bild: LZO
600 Menschen zogen durch Zwickau.

In Zwickau konnte das NSU Kerntrio über Jahre hinweg ungestört und teilweise gut vernetzt leben. Von hier aus übten die Rechtsterrorist*innen in ganz Deutschland ihren Terror aus. Mindestens 10 Menschen kamen durch den NSU ums Leben, mehrere Sprengstoffanschläge und zahlreiche Raubüberfälle wurden verübt.  

Doch für die Gewalttaten ist nicht nur das Kerntrio verantwortlich, vielmehr baute der NSU ein Netzwerk auf, welches von der rechtsextremen Szene bis in staatliche Behörden reichte. Durch die Verstrickung von staatlichen Behörden und rechten Netzwerken konnten die Täter*innen jahrelang unentdeckt agieren.  

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„Den Opfern des rechten Terrors gedenken.“

Bis heute gibt es keine ausreichende Aufklärung. Bis heute gibt es keinen ausreichenden Kampf gegen rechten Terror. Bis heute gibt es keine Bekämpfung von rechten Strukturen in den Sicherheitsbehörden.  

All dies beklagten die Demonstrant*innen und forderten eine lückenlose Aufarbeitung, würdevolles Gedenken und die Auflösung des Verfassungsschutzes. Zudem wurde die fehlende Opferperspektive im öffentlichen Gedenken und gesellschaftlichen Diskurs beklagt.  

In einem Redebeitrag fragte ein Aktivist: “Wenn ich euch fragen würde, wer die drei Haupttäter*innen waren, dann würdet ihr mir die Namen sofort nennen können. Doch überlegt mal, wie viele Namen der Opfer ihr sofort aufsagen könntet?! Wir müssen uns fragen woran das liegt!”. Im Anschluss wurden von den Demoteilnehmenden alle 10 Namen der Opfer aufgesagt.  

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„NSU-Komplex auflösen!“ fordern Aktivist*innen

An der Demonstration im jahrelangen Wohnort und dem Ort der Selbstenttarnung nahmen 600 Menschen teil. Auf insgesamt 5 Kundgebungen wurden zahlreiche Redebeiträge verlesen oder abgespielt. Auch eine Schweigeminute wurde im Gedenken an die Opfer durchgeführt. Im Verlauf wurden von allen Opfern kurze Lebensläufe abgespielt.  

Während der Aufzug durch die Stadt lief, riefen die Teilnehmer*innen beispielsweise: “Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt”, “So, so, so viele Einzelfälle”, “Nazis morden, der Staat schaut zu – Verfassungsschutz und NSU” oder “Alle zusammen gegen den Faschismus”.  

Im Vorfeld hatten lokale Neonazis angekündigt die Demonstration stören zu wollen. Bis auf einzelne Personen in Seitenstraßen, war von ihnen jedoch nichts zu sehen. Lediglich einige Sticker des dritten Wegs und Sticker mit der Aufschrift “Zecken boxen” waren entlang der Demoroute geklebt. Diese wurden von Teilnehmer*innen der Demonstration entfernt. Insgesamt verlief die Demonstration störungsfrei.  

Bild: LZO
Ein Gedenkstein für die Opfer

In Gedenken an:  

• Enver Şimşek 

• Abdurrahim Özüdoğru 

• Süleyman Taşköprü 

• Habil Kılıç 

• Mehmet Turgut 

• İsmail Yaşar 

• Theodoros Boulgarides 

• Mehmet Kubaşık 

• Halit Yozgat 

• Michèle Kiesewetter

LZO Redaktion

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2 Comments
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kali
kali
2 Jahre

Top, Danke für die Berichterstattung

Antifant*in
Antifant*in
2 Jahre

Kein Vergeben, Kein Vergessen!