„#EndFossilFuels“ – Tausende beim Globalen Klimastreik9 Minuten Lesezeit

Am 15. September ging die Jugendbewegung „Fridays for Future“ gemeinsam mit zahlreichen Organisationen, Initiativen und Gewerkschaften für Klimagerechtigkeit auf die Straße.
Weltweit fanden unter dem Motto „#EndFossilFuels“ Proteste statt. In Deutschland nahmen an Aktionen in über 250 Städten laut „Fridays for Future“ insgesamt etwa 250.000 Menschen teil.

Bild: Dani Luiz

Auch nach über 4 Jahren lautstarkem Protest und zahlreichen Klimastreiks stellen die Aktivist*innen Forderungen an die Politik. Von der amtierenden Ampel-Regierung fordern sie die Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten sozial gerechten Klimageldes in Kombination mit einer angemessenen Befreiung von CO2.
Zudem protestiert die Bewegung gegen die geplante Entkernung des Klimaschutzgesetzes.

Im Mittelpunkt der Proteste stehen jedoch weiterhin die zentralen Forderungen nach Klimagerechtigkeit und der Einhaltung des 1,5 Grad Ziels. Besonders antikapitalistische Akteur*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung sehen den Fokus der klimapolitischen Protestaktionen nicht bei Appellen an die Politik, vielmehr wird häufig artikuliert, man müsse den Wandel selbst in die Hand nehmen.
Das antikapitalistische Bündnis „Ende Gelände“ rief deshalb beim Klimastreik in vielen Städten zu Zivilem Ungehorsam gegen das geplante LNG-Terminal auf Rügen auf.
Für die bundesweite Organisationen und viele Ortsgruppen von „Fridays for Future“ sind jedoch weiterhin Klimastreik-Demonstrationen ihr Mittel des politischen Protests.

“Während die Menschen das Vertrauen und die Hoffnung in eine sichere Zukunft verlieren und fast täglich neue Meldungen von Überschwemmungen, Stürmen und Bränden das Ausmaß der Klimakrise deutlich machen, will die Ampel das von Fridays for Future erkämpfte Klimaschutzgesetz aufweichen. Die Regierung hat keine gemeinsame klimapolitische Vision, sie hat offensichtlich keinen Plan, wie sie die Menschen vor der Klimakrise schützen und gesellschaftliche Sicherheit schaffen will. Diesen Freitag gehen wir in über 250 Städten in der ganzen Republik auf die Straße, weil wir ein Recht darauf haben, dass Klimaschutz nicht nur grüne Fassade, sondern echte Zukunftssicherung ist.”

Lilith Diaw, Schülerin und Sprecherin von Fridays for Future.

22.000 Teilnehmer*innen in Hamburg

Zum Klimastreik in Hamburg versammelten sich laut Organisator*innen 22.000 Personen; 10.000 mehr, als noch im März. Die Strecke war die gleiche wie schon bei vorangegangenen Klimastreik-Demonstrationen: Vom Jungfernstieg aus ging es los in Richtung Altstadt, vorbei an der St. Petri Kirche, bis hin zum Steintorwall, vorbei am Bahnhof, über die Lombardsbrücke und den Stephansplatz, durch den Gänsemark und zurück auf den Jungfernstieg.

Bild: Rio Turner

Begleitet wurde der Aufzug durch Reden von unter anderem Wissenschaftler*inne, Menschen, die aufgrund von Umweltkatastrophen flüchten mussten sowie ältere Personen, die sich seit Jahrzehnten für Klima- und Umweltschutz einsetzen. Das Bühnenprogramm wurde mit verschiedenen musikalischen Beiträgen unterstützt. Neben Herbert Grönemeyer traten auch „Silbermond“, „Raum27“ und die Punk-Band „Team Scheiße“ auf und sorgten mit jeweils 15 Minuten Spielzeit für ausgelassene Stimmung.

Während auf der einen Seite die Demonstrant*innen tanzten, sah die Stimmung einige Meter weiter bereits anders an. Einige Aktivist*innen wünschten sich mehr Initiative der Menschen. Seit 5 Jahren gehe man auf die Straße, aber es würde sich nichts ändern. Ein Teilnehmer meinte, er sei froh, dass weiter hinten der „Systemchange“-Block stehen würde, wo Menschen mitlaufen, die sich für den Klimaschutz radikalisiert hätten. Auch für die Proteste der „Letzten Generation“ zeigte er deutliches Verständnis. Angesichts der eskalierenden Klimakrise sei Radikalität und Ziviler Ungehorsam angebracht.

Beim „Systemchange“-Block war die Stimmung bereits zu Beginn angespannter. Die Polizei filmte die Demonstrant*innen wegen des Vorwurfs der Vermummung ab. Aus Sicht der anwesenden Polizist*innen seien FFP2-Masken und Sonnenbrillen in Kombination Vermummung und das trotz strahlender Sonne.
Mehrfach wurde in diesem antikapitalistischen Block Pyrotechnik gezündet. Die Polizei filmte auch während des Aufzugs weiter, hielt sich sonst jedoch insgesamt zurück.
Inhaltlich positionierte sich der Block deutlich gegen den „Grünen Kapitalismus“, den Rechtsruck und für radikalen Klimaschutz.

Bild: Rio Turner

Am Rand des Klimastreiks in Hamburg versammelten sich einige bekannte Gesichter der verschwörungsideologischen Szene. Eine Person äußerte verfassungsfeindliche Parolen, ergriff jedoch schnell die Flucht, als Antifaschist*innen um die Ecke kamen.
Am Ende der Demonstration wurde zu einer Großdemonstration am 1. Oktober in Hannover aufgerufen. Dort soll für den Schutz der Leinemasch und Tümpeltown demonstriert werden.

„Halle zusammen für 1,5 Grad“

Auch in Halle fand eine Demonstration zum Globalen Klimastreik statt. Laut der Halleschen Ortsgruppe von „Fridays for Future“ schlossen sich 1.400 Personen dem Protest an. Die Polizei spricht dagegen von 700. Der Leipziger Artist Julian Philipp David aka JPD sorgte bei der Auftaktkundgebung ordentlich für Stimmung.

Bild: Dani Luiz

Ab 14 Uhr versammelten sich hunderte Menschen auf dem Hallmarkt und horchten vor einer großen Bühne verschiedenen Redebeiträgen, unter anderem auch vom Stadtschüler*innenrat von Halle. Anschließend zog ein Demonstrationszug angeführt von Schüler*innen lautstark durch die Innenstadt.

Inhaltlich betonte die Hallesche Ortsgruppe mehrfach, dass die soziale Gerechtigkeit beim Klimaschutz nicht vernachlässigt werden dürfe. Sophie Baumann von Fridays for Future Halle erklärte dazu: „Gerade in Zeiten der hohen Inflation, teuren Strompreisen und merklichen Heizkostenerhöhungen ist es vielen Menschen nicht möglich auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen, dies gilt besonders für Menschen mit geringen Einkommen. Es bedarf einer Entlastung, sodass klimafreundliche Möglichkeiten jedem offenstehen. Zum Beispiel muss es möglich sein, dass sich jeder den ÖPNV leisten kann. Auch das 49 Euro-Ticket ist noch zu teuer.“

Bild: Dani Luiz
Artikel teilen:
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen