Seit Monaten finden in Halle montags verschwörungsideologische Demonstrationen der „Bewegung Halle“ statt.
Am 20.12. schlossen sich der Demonstration ca. 1500 Menschen an.
In internen Chats der „Bewegung Halle“ wurde vor der Demonstration dazu aufgerufen, unangemeldet durch die Stadt zu ziehen und bewusst Fotograf*innen mit Taschenlampen an ihrer Arbeit zu hindern. Einzelne Personen forderten Polizeiketten zu durchbrechen und sich an dem Protest in Magdeburg zu orientieren.
In Magdeburg waren am 13.12. 3500 Menschen unangemeldet durch die Stadt gezogen, hatten den Weihnachtsmarkt gestürmt und dortiges Personal, Gäste und anwesende Journalist*innen angegriffen und bedroht.
Zu einem unangemeldeten Aufmarsch kam es in Halle nicht. Vielmehr konnten 1500 Menschen begleitet von einer unterbesetzten Polizei fast ungestört ohne Masken und Abstände durch die Stadt ziehen.
Nachdem sich die Teilnehmer*innen an der Moritzkirche gesammelt hatten zogen diese den Robert-Franz-Ring lang. Am Moritzburgring wurde der Aufzug von 30-40 Antifaschist*innen gestoppt und für einige Minuten blockiert. Während die „Bewegung Halle“ auf eine Ausweichroute wartete, zündeten einzelne Teilnehmer*innen Böller.
Durch die Mühlpforte und die kleine Ulrichstraße umgeleitet, gelangte die Demonstration wie geplant auf den Universitätsring. Mittlerweile hatten sich an der Spitze der Demonstration Neonazis gesammelt, welche mehrfach Journalist*innen bedrohten.
Immer wieder skandierte die Demonstration „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“.

Am Riebeckplatz bei der Endkundgebung sprachen die Redner*innen von „Diktatur“, der „Gefährlichkeit“ von Tests und Impfungen und forderten „Freiheit“ statt Maßnahmen gegen das Coronavirus. Außerdem sagen sie „Freiheit“ von Westernhagen.
Neben zahlreichen stadtbekannten Neonazis, aus dem Umfeld von Neonazi Sven Liebich und beispielsweise auch AfD-Stadtrat René Schnabel, einigen HFC Hooligans, der „Freien Linken“ um Sandra Gabriel und vielen Esoteriker*innen, nahmen auch der „anthroposophische Arzt“ Dr. Andreas Grüner und Yvette Silbersack, die Ehefrau von Andreas Silbersack (FDP), an der Demonstration teil.
Andreas Grüner erzählte in seiner Rede davon, dass er Arzt ist und Notarzt war und deshalb gesehen hätte, wenn es eine Pandemie gäbe. Er verbreitet antisemitische Verschwörungsideologien, z.B. war er der Meinung, dass die Impfungen und diese „inszenierte“ Pandemie von „den Eliten“ geplant sei, um Teile der Bevölkerung auszurotten und die übriggebliebenen zu gehorsamen Personen zu machen. In einigen Jahren nach weiteren Auffrischimpfungen würden alle zu Tieren mutieren, die „auf Knopfdruck Befehle befolgen“. Er redete von Strippenziehern und der Pharmalobby, die das ganze geplant hätten.
Statt Impfungen glaubt der „Arzt“ an die „selbstheilende Kraft des Körpers“. Ein Arzt sei keine heilende Person, sondern eine Person, die dem Körper hilft, sich selbst zu heilen.

Auch Yvette Silbersack hielt eine Rede, in dieser ging es um die Spaltung der Gesellschaft und die vielen Freunde und Angehörige, die sie an die „Gesundheitsdiktatur“ verloren hätte.
Eine andere Rednerin meinte: „Ich stehe hier als Christin. Ich habe lange überlegt, ob ich mal etwas sage. Gott meinte zu mir, ich soll zu euch sprechen“.
Auf den getragenen Schildern stand z.B. „3G-2G-1G Contdown Fascism“ oder „Kinder an die Nadel, Gates euch gut?“

Während des gesamten Abends kam es zu zahlreiche Angriffen, Bedrohungen und Beleidigungen gegenüber Journalist*innen.
Immer wieder wurden Mittelfinger gezeigt und „verpisst euch“ oder ähnliches gerufen. Die Situation war von Anfang an angespannt, da die Polizei bereits zu Anfang für keinen ausreichenden Schutz für Presse sorgen konnte.
Immer wieder wurde Fotograf*innen mit Taschenlampen in die Kameras geleuchtet, um diese an der Arbeit zu hindern.
Auf der Magdeburger Straße liefen mehrere Neonazis dauerhaft vor den Journalist*innen, die nur wenige Meter Abstand zu den Neonazis hatten. Die Polizei hielt es erst sehr spät für nötig, die Journalist*innen zu schützen.

Kurz vor dem Riebeckplatz wurde ein*e Journalist*in mit einer kleinen Flasche beworfen. Außerdem wurde versucht der Person mit einem Laserpointer in die Augen zu leuchten.
Am Riebeckplatz kam es daraufhin erneut zu verbalen Attacken auf Fotograf*innen und einzelne Neonazis versuchten diese bei der Arbeit zu stören.
Diese Vorfälle reihen sich ein in die Pressefeindlichkeit und die Gewalt, die seit Monaten von der „Bewegung Halle“ ausgeht, aber besonders bei den letzten Demonstrationen gestiegen ist.
Auffallend sind häufig Neonazis aus dem Umfeld von Sven Liebich, aber besonders auch andere Demonstrationsteilnehmende.

Sven Liebich selbst nahm an der montäglichen Demonstration in Magdeburg teil, wo ca. 3500 Demonstrant*innen Polizeiketten durchbrachen.
Auch in anderen Städten in Sachsen-Anhalt fanden unter starker Beteiligung lokaler Neonazis Demonstrationen statt.
Die „Jungen Nationalisten“ nahmen in dieser Woche mit einem eigenen Banner, neben Zerbst und Eisleben, besonders in Wittenberg an den Demonstrationen teil. Dort waren laut Polizei über 2400 Menschen auf der Straße.
Neben der „Neuen Stärke“ beteiligte sich beispielsweise auch die „Harzrevolte“ an den Protesten. Auch die AfD zeigt in allen Städten mit lokalen Abgeordneten eine starke Präsenz.

Die Demonstrationen verzeichnen höhere Teilnehmendenzahlen und werden zunehmend gewaltbereiter, dabei treffen die Demonstrationen häufig auf eine überforderte, unterbesetzte Polizei und sehr selten auf Gegendemonstrationen.
Die Demonstrationen der „Bewegung Halle“, aber auch die Demonstrationen überregional sind alles andere als friedlich. Diese Tendenz wird sich weiter fortsetzen.